Erregierte Skyscraper und diskriminierendes Design

... daran zieht sich Monica Bonvicini in Ihrer Kunst auf.  Ihre Zeichnungen strotzen zart bis heftig von Anspielungen auf den Sexismus in Architektur, Sprache (Gebrauchsanweisungen) und selbst dem Design, einer Zigarre.

Filigrane Ein-Linien-Zeichnungen auf Schnitten und Grundrissen von Gebäuden münden in ein Zukunftsszenario der künstlichen Stadt, wahnsinniger Entwürfe, überschreitender Kostenkalkulationen und einer Umsetzungswahrscheinlichkeit gen Null, so verlauten die neon-farbene Balken- und Tortendiagramme neben den euphorisch aufgemachten Ankündigungsbannern über den clean, weiß zusammengewürfelten Architekturmodellen. Fiktion, Science Fiction, Comics - eine große Auswahl von Auszügen aus Superhelden-Comics, worin die Stadt unter der Glasglocke (ent)steht, versammelt die Künstlerin dazu an den Wänden.

Das Derbe stürzt mit Impressionen von Katrina, dem Wirbelsturm, den man in den Staaten noch am Mittwoch liebte und am Donnerstag kaum ertragen konnte, hinzu. Zwei Bilder von Männlichkeit zeigen ihre Zeichnungen, wo ein Kontrast zwischen den wuchtigen Schreibtischen, hinter denen Macht-Männer posieren, und den Stahlarbeitern, die auf den Gerüsten hinter den Glasscheiben stehen, aufgebaut wird und dieser Gegensatz löst sich sogleich auf, betrachtet man das durch sie entstanden Bürogebäude: hoch, höher und steil wie ein Phallus im gewünschten Idealzustand. Bonvicini löst dabei eines der wenigen versexualisierten Bilder des Mannes heraus, den Bauarbeiter als Sexobjekt, die Iron worker in Pin-Up-Pose, dessen Männlichkeit erst im zweiten Blick überraschend die knappen Shorts überagt. Erinnert an den Pepsi-Mann aus der Werbung, der auch Seltenheitscharakter hat. Diese Männlichkeit ist wohl auf Strip-Clubs und wenige Szenen beschränkt. Die Künstlerin kritisiert die Konzentration auf das Geschlecht(steil) und entmündigt den Mann in ihren großen Zeichnungen, wo einer kopflos mit seinem Schritt in einer Wand feststeckt. Und daneben atme ich erleichtert, weil diese überzogene Triebbetontheit wohl in unserer Generation nicht ganz so zu polarisieren ist. In der auch die Frau mit einer selbstbewussten Lust hinauströmt und jagt, getrieben ist, den Mann mitunter in die Defensive drängt. Und doch ist man dankbar, mit einem Rückblick auf die Empörung und Kraft in dieser Kunst, was der Feminismus in den letzten Jahrzehnten geleistet hat. Eine Diskussion entbrennt. Analyse-Stunde endet. Grenzen und Zäune beschränken nur den Geist. Auch das ist eines ihrer Motive, in den vielen Worten an den Wänden.

mehr_ in DESIRE DESIESE DEVISE http://www.sammlung-falckenberg.de//articles/162.html

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